Vision autofreie Stadt

  • Veröffentlicht am: 2. März 2007 - 19:37

Saubere Luft, weniger Lärm, attraktive Innenstadt: Wieso die Vision einer autofreien Stadt wieder an Charme gewinnt.

Während schmelzende Gletscher noch ziemlich weit von uns entfernt zu sein scheinen, gibt der kürzlich über Hannover hinwegtobende Sturm "Kyrill" einen Ausblick darauf, dass es durch den fortschreitenden Klimawandel auch für uns ungemütlich werden kann. Der jüngst veröffentlichte UN-Klimawandelreport zeigt, dass die Industrieländer den Klimawandel nicht nur maßgeblich mit verursachen, sondern auch von seinen Auswirkungen, z.B. durch zunehmende Wetterextreme, direkt betroffen sein werden. Wenn wir den Klimawandel überhaupt noch beeinflussen wollen, bleibt nur noch ein schmaler Zeitkorridor, um endlich zu handeln und ökologisch umzusteuern.

Einer der Hauptproduzenten des klimaschädlichen CO2-Ausstoßes und anderer gesundheitsschädlicher Schadstoffe wie Feinstaub ist der motorisierte Individualverkehr (MIV). Hinzu kommt eine massive Beeinträchtigung durch Lärm und eine Erhöhung des Sicherheitsrisikos durch Unfälle. Durch die kontinuierliche Zunahme des MIV wird der Verkehr in der Innenstadt immer zähflüssiger und verliert dadurch zunehmend an Attraktivität. Durch all diese Faktoren gewinnt die Idee einer autofreien Stadt wieder an Charme, wie sie beispielsweise die Grünen in Berlin als "Alternative Liste" in ihrer Gründungszeit gefordert haben.

Eine autofreie Stadt ist nicht nur eine interessante Idee, um klimaschädlichen Verkehr zu minimieren, sondern zugleich eine Chance für die Belebung der Innenstadt. Weniger Autoverkehr bedeutet zugleich auch eine erhöhte Aufenthalts- und Lebensqualität. Nicht zuletzt entsteht durch einen Ausschluss des MIV aus dem Innenstadtbereich mehr gestalt- und nutzbarer Raum: Heute nehmen Straßenzüge und Parkplätze für Autos einen großen Teil der Fläche in der Stadt in Anspruch. Diese würde für die Menschen wieder nutzbar werden, die Straßen von gestern sind die Potentiale und Ressourcen der Stadtentwicklung von morgen.

Hannover verfügt über alles, um ohne Auto mobil zu sein: Ein gutes Wegenetz für Fuß- und Radverkehr und einen attraktiven Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Bereits heute gibt es Ansätze eines flächendeckenden Park & Ride- Systems, das Anreize geben soll, das Auto am Rand der Stadt stehen zu lassen und mit dem ÖPNV in die Stadt hineinzufahren. Das in Hannover vorhandene Nahversorgungssystem ermöglicht es, Einkäufe und andere Erledigungen auch ohne Auto zu tätigen. Diese Potentiale gilt es weiter zu entwickeln, auszubauen und noch attraktiver zu gestalten.

Dass man ohne Auto flexibel mobil sein und ein bequemes Leben führen kann, zeigen z.B. die ostfriesischen Inseln, auf denen nur Elektroautos erlaubt sind. Für die Inseln ist das Label "Autofrei" ein Markenzeichen für Naherholung und Tourismus. Welche Möglichkeiten diese Idee auch für Hannover bieten kann, ist in der Fritz-Behrens-Allee zu beobachten, die Sonn- und Feiertags zwischen Zoo und Steuerndieb für den normalen Autoverkehr gesperrt ist. Statt Autolawinen rollen an diesen Tagen Inlineskates und Fahrrädern durch die Eilenriede. Auf einer Autoschneise entsteht ein nutzbarer Raum für Freizeit und Naherholung.

Der Klimawandel erfordert einen Sinneswandel und auch Einschränkungen. Besondere Herausforderungen stellen aber zugleich große Chancen dar - zum Beispiel für neue Ansätze der Stadtentwicklung und eine Rückeroberung der Stadt und ihrer Räume durch die Menschen.

[i]Der Artikel entstand als Beitrag von Jan Haude, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bezirksrat Mitte, für die Stadtteil-Homepage http://www.hannover-oststadt.de